Bücherliste
In einer Zeit, in der Kindergärten immer mehr verschult werden und die motorische, soziale, emotionale und
personale Entwicklung vernachlässigt wird, da die kognitive und die Sprachförderung im Mittelpunkt der
pädagogischen Arbeit stehen, ist ein Buch wie das von Gabriele Pohl ein Lichtblick: Die Autorin verdeutlicht, wie
wichtig das freie Spiel für Kinder ist und welche Chancen der Entwicklung und des Lernens in ihm liegen. Da in
Kindertageseinrichtungen zunehmend Förderprogramme durchgezogen werden und das Spiel als "Zeitvertreib"
oder "Lückenfüller" abqualifiziert würde, müsste Kindern zumindest in ihren Familien die Muße zum Spielen
gegeben werden.
Pohl befasst sich in ihrem Buch zunächst mit der heutigen Bedingungen des Aufwachsens von Kindern, die häufig
zu Verhaltensauffälligkeiten, psychischen Störungen, Haltungsschäden, schlecht ausgeprägter Grob- und
Feinmotorik, Übergewicht oder Entwicklungsverzögerungen führen würden. "Echte" Kindheit würde immer mehr
verschwinden, und die Bedürfnisse von (Klein-)Kindern würden immer weniger berücksichtigt.
Dann verdeutlicht Pohl, was ein Kind für seine Entwicklung braucht und wie es lernt. Es folgen allgemeine
Betrachtungen zum Spiel (mit Verweis auf Schiller, Huizinga, Scheuerl, Erikson und Freud): Dieses sei für die
Lebensbewältigung unverzichtbar: "Das bedeutet, nichts kann das Spiel für Kinder ersetzen, damit sie ihre
Eindrücke verarbeiten können. Im Spiel aber können sie ihre Gefühle in Bilder bringen, dadurch verschaffen sie
sich innere Klarheit und Distanz. Daran wird noch einmal deutlich, wie sehr das Spiel für Kinder nötig ist, um
krankmachende Einflüsse im kindlichen Leben zu vermeiden" (S. 31). Im Spiel werden aber auch alle Fähigkeiten
zur Entfaltung gebracht, werden (Lern-) Erfahrungen mit allen Sinnen gemacht, werden die Welt und das eigene
Ich entdeckt, sind Selbsttätigkeit und selbstbestimmte Eigenaktivität möglich, werden Fantasie und Kreativität
entwickelt, wird mit verschiedenen (Erwachsenen-) Rollen experimentiert u.v.a.m. Ja, das Spiel kann sogar
therapeutisch wirken!
Anschließend befasst sich Pohl mit dem Spielzeug und arbeitet Qualitätskriterien heraus. Insbesondere geht es
um Plüschtiere (als Tröster, Spielgefährte...) und Puppen (als Abbild des Menschen, zum Liebhaben, als Symbol
des Erwachsenen...) im Vergleich zu Barbie und den Power Rangers (Karikatur des Weiblichen bzw. Männlichen,
Konsumobjekte...). Es folgen kritische Äußerungen über den Medienkonsum mit seinen Erfahrungen "aus zweiter
Hand".
Pohl behandelt auch die "Schatzkiste unterm Bett", die Notwendigkeit von "Geheimnissen", die in unfertigen
Materialien liegenden Spielanregungen, das "Haus-Bauen" (im Kinderzimmer, im Garten, als Baumhaus), das
Draußen-Spielen (insbesondere in Verbindung mit Bewegung und Naturerfahrung) sowie Aktivitäten mit anderen
Kindern auf der Straße oder in Hinterhöfen. Dann befasst sie sich mit verschiedenen Formen von Regel- und
Rollenspielen (einschließlich des Theaterspiels). Anschließend gibt sie Eltern Tipps, wie sie für eine
entwicklungsfördernde Umgebung sorgen können und welche Spielmaterialien sie ihren Kindern in den ersten
sieben bzw. zwölf Lebensjahren zur Verfügung stehen sollten. Aber auch die Großeltern können ihren Enkeln viel
schenken - vor allem Zeit, Zeit und nochmals Zeit.
Mit folgenden bedenkenswerten Worten endet das Buch von Gabriele Pohl: "Ich möchte die Freude der Kinder am
fantasiegetragenen, kreativen Spiel, das meist den Einsatz sowohl ihres ganzen Körpers als auch aller ihrer Sinne
und ihrer differenzierten Gefühlswelt braucht, gewürdigt wissen, ebenso wie ich die lebensnotwendige
Verarbeitung der Tag für Tag auf sie einstürmenden Eindrücke durch das Spiel wieder ins Bewusstsein rücken
möchte.
Wenn Eltern zufrieden dem zeitvergessenden, konzentrierten Spiel ihrer Kinder ohne schlechtes Gewissen
zusehen, weil sie wissen, dass diese ihre Zeit gar nicht besser verbringen können und damit im Wesentlichen
alles tun, was ihnen für ihre Entwicklung förderlich ist und sie darauf vorbereitet, auch noch im
Erwachsenenleben Erfüllung zu finden, so ist dieses Ziel erfüllt" (S. 127 f.).
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Martin R. Textor (Kindergarten-Handbuch Online)
Gabriele Pohl
Kindheit - aufs Spiel gesetzt
Manfred Spitzer
Lernen - Gehirforschung und die
Schule des Lebens
Lernen findet im Kopf statt. Was der Magen für die Verdauung, die Beine für die Bewegung oder die Augen für
das Sehen sind, das ist das Gehirn für das Lernen. Daher sind die Ergebnisse der Gehirnforschung für das Lernen
so wichtig wie die Astrophysik für die Raumfahrt. Manfred Spitzer, Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik
Ulm, Professor für Medizin, Diplompsychologe und promovierter Philosoph hat - angeregt durch seine Erfahrungen
im Baden-Württembergischen Bildungsrat und als Experte bei einer Anhörung zur PISA-Studie im Bundesrat -
dieses Buch für einen breiten Leserkreis von Menschen geschrieben, die mit Lernen und Lernenden zu tun haben:
Eltern, Lehrer, Schüler, Bildungspolitiker und alle, der seine Lernmaschine im Kopf verstehen und einsetzen
möchte. Spitzers Buch ist ein Plädoyer gegen Vorurteile: "Schüler sind nicht dumm, Lehrer sind nicht faul und
unsere Schulen sind nicht kaputt. Aber irgendetwas stimmt nicht." Träumen wir nicht alle immer noch vom
Nürnberger Trichter, der uns Lernen ohne Mühe verheißt, uns alles eintrichtert, was wir hören? Aber was wäre,
wenn unser Gehirn tatsächlich alles so aufnehmen würde wie der Nürnberger Trichter, wenn auch aller Unsinn,
den wir hören, gelernt würde? Was wäre, wenn wir Fremdsprachen im hohen Alter so leicht lernen würden, wie
wir als Kinder die Muttersprache lernen? Und warum ist es gar nicht zu bewerkstelligen, Lernen aus dem Leben
zu verbannen? Und wenn Lernen unvermeidlich ist, gibt es dann so etwas wie eine Gebrauchsanleitung zur
Lernmaschine in unserem Kopf? Spitzers Buch kann als Ansatz dazu gelesen werden.
Christine Merz und Hartmut W. Schmidt
Lernschritte ins Leben:
Enwicklungspsychologische Stationen
in Bildern
Wunderschöne Photos, leicht verständliche und aufschlussreiche Texte begleiten das Aufwachsen von 0- bis 3-
Jährigen und dokumentieren so ihre wesentlichen Entwicklungsschritte. Es ist ein sehr lebendiges „Lehrbuch" für
alle, die mit jungen Kindern zu tun haben.
Gerald Hüther
Was Kinder brauchen -
Neue Erkenntnisse aus der Hirnforschung
Neueste Studien zeigen: Kindergehirne sind formbarer - und deshalb auch verformbarer - als man noch bis vor
wenigen Jahren geglaubt hatte. Keine andere Spezies kommt mit einem derart lernfähigen und gestaltbaren
Gehirn zur Welt wie der Mensch. Und bei keiner anderen Art ist die Hirnentwicklung in solch hohem Ausmaß von
der emotionalen, sozialen und intellektuellen Kompetenz der erwachsenen Bezugspersonen abhängig wie beim
Menschen. Der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther zeigt hier, was Erwachsene beachten sollten, um Kinder
optimal zu fördern. Denn um hochkomplexe Verschaltungen im Gehirn ausbilden zu können, müssen Kinder
möglichst viele und möglichst unterschiedliche Erfahrungen machen. Dazu brauchen sie vielfältige stimulierende,
ihre emotionalen Zentren aktivierende Angebote und Herausforderungen. Unter dem einfühlsamen Schutz und
der kompetenten Anleitung durch erwachsene »Vorbilder« können Kinder vielfältige Gestaltungsangebote kreativ
nutzen - und so ihre eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten erkennen und weiterentwickeln. Gerald Hüther,
Professor für Neurobiologie, leitet die neurobiologische Forschungsabteilung an der Universitätsklinik Göttingen.
Er ist Autor mehrerer bekannter Sachbücher (Biologie der Angst, Evolution der Liebe, Bedienungsanleitung für ein
menschliches Gehirn).
2 DVDs, Gesamtspieldauer ca. 6 j Stunden; Originalaufzeichnung eines Seminars in Zürich, Juli 2006 und eines
Vortrages in Idstein, Oktober 2006
für Eltern